Daten und Fakten
Die Thüringer Wohnungswirtschaft steht vor entscheidenden Jahren. Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung und dem tiefgreifenden Umbruch der 1990er-Jahre sind es heute andere, aber nicht weniger existenzielle Herausforderungen, mit denen sich die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen im Freistaat konfrontiert sehen. Was damals der Übergang in eine neue Eigentums- und Rechtsordnung war, ist heute der Spagat zwischen sozialer Verantwortung und klimapolitischem Umbau, zwischen Investitionsdruck und wirtschaftlicher Tragfähigkeit.
Die Mitglieder des vtw
Der vtw vertritt eine vielfältige Struktur von Wohnungsunternehmen, die sich in ihrer Größe, Rechtsform und regionalen Verankerung unterscheiden, aber durch ein gemeinsames Ziel verbunden sind: das Bereitstellen von sicherem und bezahlbarem Wohnraum in Thüringen. Zum Beginn des Jahres 2025 gehören dem Verband 238 Mitgliedsunternehmen an, die insgesamt 264.929 Wohnungen bewirtschaften.
Der vtw verzeichnet seit mehreren Jahren einen stabilen Zuwachs an Mitgliedsunternehmen. Von 214 Mitgliedern Anfang 2020 stieg die Zahl bis Anfang 2025 auf 238 – ein Zeichen für die Attraktivität der Verbandsarbeit und die Bedeutung gemeinsamer Strategien für eine zukunftsfähige Wohnungswirtschaft.
Regionale Verteilung der Mitgliedsunternehmen des vtw
So wohnt Thüringen. –
Ein Blick auf die Wohnverhältnisse im Freistaat
Die aktuelle Auswertung basiert auf den Ergebnissen des Zensus 2022, dessen Daten seit Sommer 2024 verfügbar sind. Sie ermöglicht erstmals nach über einem Jahrzehnt wieder einen systematischen Vergleich mit den Ergebnissen des Zensus 2011 – und damit eine fundierte Einschätzung darüber, wie sich das Wohnen in Thüringen verändert hat.
Die für das Wohnen genutzte Wohnungen in Thüringen werden überwiegend gemietet. Rund die Hälfte der 1,167 Mio. Wohnungen in Thüringen sind Mietwohnungen. Der Anteil der Mietwohnungen ist im Vergleich zum Zensus 2011 um 1,3 Prozentpunkte zurückgegangen. Der Leerstand hat um 1,08 Prozentpunkte zugenommen. Zum Zeitpunkt des Zensus in 2022 bewirtschaften die Mitgliedsunternehmen des vtw rund 46 % des Mietwohnungsbestands Thüringens.
Anteil der Nutzungsarten an den Wohnungen in Thüringen
Mietentwicklung 2024 –
Zwischen Investitionsdruck und steigenden Nebenkosten
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Wohnungswirtschaft stehen auch 2024 ganz im Zeichen massiver Kostensteigerungen – sowohl bei der Bewirtschaftung als auch bei der Investition in die Zukunft des Gebäudebestandes. Besonders deutlich wird das in der Entwicklung der Mieten und Betriebskosten, wie sie die Mitgliedsunternehmen des vtw Thüringen aufweisen.
Die Kaltmieten sind im Vergleich zum Vorjahr auf niedrigem Niveau spürbar angestiegen. Diese Entwicklung ist nicht nur Ausdruck steigender Bewirtschaftungskosten, sondern vor allem auch der Versuch, den enormen Investitionsbedarf zu stemmen – insbesondere in Hinblick auf energetische Sanierung, altersgerechten Umbau und den Substanzerhalt der Bestände. Die Wohnungsunternehmen stehen dabei im Spannungsfeld zwischen ökonomischer Notwendigkeit und ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Mieterinnen und Mietern.
Entwicklung der Miete und der Vorauszahlungen für kalte Betriebs- und Heizkosten in den Unternehmen des vtw im Dezember 2024
| Jahr | Nettokaltmiete in Euro pro Quadratmeter monatlich | Vorauszahlung kalte Betriebskosten in Euro pro Quadratmeter monatlich | Vorauszahlung für Heizkosten in Euro pro Quadratmeter monatlich |
|---|---|---|---|
| 2019 | 5,08 | 1,19 | 1,09 |
| 2020 | 5,17 | 1,25 | 1,07 |
| 2021 | 5,26 | 1,29 | 1,06 |
| 2022 | 5,35 | 1,41 | 1,68 |
| 2023 | 5,47 | 1,45 | 1,63 |
| 2024 | 5,63 | 1,48 | 1,68 |
Investitionen mit Verantwortung:
Wohnen zukunftsfähig gestalten
Die Investitionen der Wohnungsunternehmen konzentrieren sich seit jeher auf die nachhaltige Sicherung und Weiterentwicklung ihres Wohnungsbestandes. In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung stand der Abbau eines massiven Sanierungsstaus im Vordergrund. Ziel war es, zeitgemäßen Wohnraum zu schaffen und die Wohnverhältnisse grundlegend zu verbessern.
In den darauffolgenden Jahrzehnten verschob sich der Fokus zunehmend: Wohnwünsche veränderten sich, technische Standards entwickelten sich weiter, gesellschaftliche Strukturen wandelten sich. Die Wohnungsunternehmen reagierten darauf mit gezielten Investitionen in Ausstattung, Komfort und Wohnumfeld.
Investitionen der Mitgliedsunternehmen des vtw
| Jahr | Instandhaltung/-setzung | Moderisierung | Neubau | |
|---|---|---|---|---|
| 1991 | 199 | |||
| 1995 | 1.002 | |||
| 2000 | 578 | |||
| 2005 | 250 | |||
| 2010 | 278 | |||
| 2015 | 368 | |||
| 2020 | 443 | |||
| 2021 | 432 | |||
| 2022 | 473 | |||
| 2023 | 500 | |||
| 2024 | 500 | |||
| (2025) | 527 |
Angebot und Nachfrage
Im Jahr 2024 zeigte sich der Wohnungsmarkt in Thüringen insgesamt stabil. Die Zahl der leerstehenden, bewirtschafteten Wohnungen lag bei 20.758. Damit blieb die Leerstandsquote mit 7,8 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres. Auch in der regionalen Betrachtung gab es nur geringfügige Veränderungen: Im ländlichen Raum sank die Leerstandsquote leicht von 9,8 auf 9,6 Prozent. In den Städten Erfurt, Jena und Weimar erhöhte sie sich geringfügig auf 4,0 Prozent.
Diese weitgehend stabile Entwicklung unterstreicht die differenzierte Marktlage in Thüringen. Während in wachsenden Städten die Nachfrage hoch bleibt, stellen sich die Unternehmen in ländlichen Regionen weiterhin den Herausforderungen eines strukturell bedingten Leerstandes. Dabei erfordert der Umgang mit leerstehenden Wohnungen differenzierte und langfristig tragfähige Strategien – von der gezielten Modernisierung über Umnutzung bis hin zu Rückbau, wo sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar.
Hauptgründe für Leerstand
Die Hauptgründe für Leerstand sind nach wie vor mangelnde Nachfrage mit 32 %, Mieterwechsel und Modernisierung mit je 21 %. Rechnet man die wegen fehlender Nachfrage und bereits geplantem Abriss, meist wegen genau dieser fehlenden Nachfrage, zusammen, so stehen 44 % der Wohnungen allein aus diesen beiden Gründen leer.
Die regionalen Unterschiede bei den Gründen für den Leerstand machen deutlich, dass der strukturelle, nachfragebedingte Leerstand im Wesentlichen ein Thema in den ländlichen Gebieten des Freistaats ist.